Antimuslimischer Rassismus

Apr 21, 2023

Verlauf und Diskussion bei der Veranstaltung

Im Rahmen der Lüneburger Wochen gegen Rassismus hat am Samstag, dem 1.4.23 im Auftrag der Lüneburger Grünen in deren Räumen (Schröderstraße 16) von 10 – 12 Uhr die Veranstaltung „Antimuslimischer Rassismus“ mit der Antirassismusbeauftragten der Schura (das sind die islamischen Gemeinden Hamburgs) Özlem Nas stattgefunden.

Özlem Nas stellte zuerst ihre umfangreiche Tätigkeit gegen antimuslimischen Rassismus vor. Dann hielt sie ein Referat über umfassende Themen des allgemeinen und spezifischen antimuslimischen Rassismus. So erfuhren wir zum Beispiel, dass neben den Sinti und Roma die Muslime und Musliminnen die am meisten von Rassismus Betroffenen seien. Ihre Präsentation kann man hier ansehen.

16 Leute waren gekommen und diskutierten im Anschluss an den Vortrag über das Thema. Eine Teilnehmerin formulierte ihre Hoffnung, dass durch den Fachkräftemangel gezwungenermaßen mehr Frauen mit Kopftuch in allen beruflichen und gesellschaftlichen Bereichen sichtbar werden könnten. Ein Teilnehmer fragte, ab wann es um eine Diskussion ginge und ab wann Rassismus beginne. Damit meinte er, dass er gerne mit Menschen sprach, die anderer Meinung seien als er und ihn interessierte, ab wann Äußerungen zur Diskussion beitragen und ab wann sie rassistisch zu nennen seien. Özlem Nas gab darauf die Antwort, dass es um die Sprache ginge. Wer respektvoll spricht, kann jede Frage oder jede Meinung haben, aber sobald die Wortwahl respektlos sei, wäre sie rassistisch. Es geht also immer um die gleiche Augenhöhe und darum, das Kopfkino, das sich so schnell in Gang setzt, wenn man eine Frau oder ein Mädchen mit Kopftuch sieht, im Zaum zu halten. Hier setzte ein zentraler Teil der Diskussion an, denn es ging um Selbstreflexion.

Zum Beispiel wurde gefragt, warum gerade gegenüber Frauen und Mädchen mit Kopftuch so schnell diskriminierende Gedanken auftauchen. Özlem Nas erläuterte dazu, dass die sog. Gastarbeiterinnen in den 60 und 70er Jahren gar nicht integriert werden sollten und es dadurch jahrzehntelang überhaupt keinen Kontakt muslimischer eingewanderter Frauen zur restlichen Bevölkerung gab. Aber dieser Kontakt, diese persönliche Begegnung sei das alles Entscheidende für ein respektvolles Miteinander. Dieses massive Defizit müsse nun aufgearbeitet und ausgeglichen werden.

Eine Teilnehmerin berichtete von dem Phänomen der Ablenkung. Dass man lieber über Mädchen und Frauen sprechen würde, die sich vom Kopftuch und den vermeintlichen Zwängen der muslimischen Familie getrennt hätten und dass dies womöglich auf die Frauenbewegung zurückzuführen sei, die seit den 70er Jahren viel verändert hätte. Özlem Nas bestätigte diese Erfahrung und wies noch einmal darauf hin, dass man nicht wisse, welcher Typ von Frau sich unter einem Kopftuch befände. Sie lachte ihren anwesenden Mann an und meinte, sie sei mit Sicherheit in ihrer Familie eine Feministin. Zudem brachte sie etliche Beispiele aus ihrer Beratungstätigkeit. Zum Beispiel vom Chef der Kette Budnikowsky, der gerne Frauen mit Kopftuch einstellte und im gleichen Atemzug meinte, er verbände damit die Hoffnung, dass diese Frauen das Kopftuch schnellstmöglich ablegen würden.
Insgesamt war die Diskussion erhellend, intensiv, ernsthaft und Özlam Nas konnte umfang- und kenntnisreich auf jede Äußerung eingehen.

Zum Abschluss stellte Nurka Casanova für das Bündnis der Lüneburger Wochen gegen Rassismus fest, dass dies nach acht Jahren die erste Veranstaltung gewesen sei, die sich mit antimuslimischem Rassismus beschäftigt habe.

Bettina Küntzel

Hier (klicken) kann man die Präsentation ansehen.

Diskussionsrunde der Veranstaltung "Antimuslimischer Rassismus" am 1. 4. 23

Diskussionsrunde nach dem Vortrag

Antimuslimischer Rassismus – Vortrag vom 1. 4. 2023